Boza
“BOZA” bedeutet Sieg in mehreren westafrikanischen Dialekten. Es ist ein Freudenruf, für die, die es geschafft haben ihr Ziel zu erreichen; die Stürmung der Festung Europa.
Getrieben von Krieg, Gewalt, Perspektivlosigkeit und Armut im Heimatland, wagen sich immer mehr junge Menschen aus Afrika auf eine gefährliche Reise nach Europa. Ziel ist das gelobte Land Europa. Oft werden diese Menschen von der eigenen Familie losgeschickt, die dafür Hab und Gut verkauft haben um einem Sohn oder einer Tochter diese Reise zu ermöglichen um damit das Wohl der Familie zu verbessern. Viele der Migranten leiden unter dem enormen Druck, den ihnen ihre Familie aufzwingt. Eine Rückkehr kommt nicht in Frage, denn dann würden sie als Versager gelten. Es bleibt nur Europa oder der Tod.
Viele stecken seit einigen Jahren in Marokko fest und warten auf eine Gelegenheit um über den Zaun bei Ceuta oder Melilla zu klettern oder um eines der kleinen Boote nach Spanien zu bekommen. Dabei werden sie von der marokkanischen Polizei gejagt und immer wieder in den Süden des Landes oder nach Algerien deportiert und dort ohne Schuhe, Geld und Lebensmittel auf der Strasse ausgesetzt. Von dort dort aus machen sie sich wieder auf den tausende Kilometer langen Weg in Richtung Norden, bis an die Grenze zu Europa. Das Spiel beginnt von vorne.
Auf der marokkanischen Seite herrscht Angst und Ungewissheit. Die Migranten verstecken sich in sehr kleinen muffligen Wohnungen oder in provisorischen Camps im Wald.
Das Leben auf der spanischen Seite fühlt sich frei an. Endlich können sie sich draussen Bewegen ohne gleich von Schleppern, Polizisten oder Anwohnern beschimpft, misshandelt oder festgenommen zu werden. Es herrscht Euphorie und die Träume sind in greifbare Nähe gerückt.
Bei einem Strandspaziergang in Ceuta(Spanien), bin ich unter anderem auf Henri und Stephan aus Guinea Conakry gestossen. Sie boten mir ein Bier an und erzählten Geschichten von ihrem schwierigen Überleben auf der Flucht. Mit 15 Jahren waren sie in ihrer Heimat aufgebrochen und verbrachten 5 Jahre ihrer Jugend in Marokko. Heute sind sie um die 20 Jahre alt. Eine lange Zeit lebten sie dabei versteckt im Busch und in den Wäldern von Marokko. Um zu Überleben suchten sie im Müll nach Nahrung und tranken dreckiges Wasser aus den Flüssen und Bächen. Sie erzählten mir wie marokkanische Polizisten mit Gummiknüppeln auf sie eingeschlagen und immer wieder die Camps niedergebrannt haben. Sie zeigen mir Narben am Körper die davon stammen. Stephan kann seine Hand nicht mehr richtig bewegen, da sie gebrochen war und er keine Möglichkeit hatte zum Arzt zu gehen. Einem anderen Migranten wurde in den Arm geschossen oder sogar die Zunge rausgeschnitten damit er nichts erzählen konnte. Einige Freunde von Henri und Stephan sind bis heute spurlos verschwunden. „Unsere Lebensversicherung sind unsere Beine, denn damit können wir wegrennen, uns verstecken und längere Strecken überwinden.“, so Henri.
Desire aus Kamerun hat sich beim überwinden des Grenzzaunes seine Hand an den rasiermesserscharfen Klingen verletzt.